Medien | Mündigkeit | DetoxWeitergehende Infos aus dem Newsletter vom November 2025
Von der Antwortmaschine zur ResonanzwerkstattKI kritisch und kreativ nutzen

von Christoph Holbein-Munske
Im KönzgenHaus verstehen wir Bildung als einen Prozess, der Menschen befähigt, die Welt nicht nur zu verstehen, sondern aktiv und solidarisch mitzugestalten. Die rasante Verbreitung Künstlicher Intelligenz (KI) stellt uns dabei vor neue Fragen: Wie können wir digitale Werkzeuge so nutzen, dass sie unser kritisches Denken, unsere Kreativität und unser gemeinsames Handeln stärken – statt sie zu ersetzen? Dieser Frage bin ich kürzlich in einem inspirierenden Workshop mit der Bildungswissenschaftlerin Nele Hirsch nachgegangen – und habe dabei einen spannenden Ansatz entdeckt: KI nicht als Antwortmaschine, sondern als Resonanzwerkstatt für Vielfalt und gesellschaftliche Innovation zu begreifen.
KI als Spiegel und Sparringspartner
Das zentrale Problem der intuitiven KI-Nutzung ist die Passivität: Wir lassen uns bedienen, statt selbst zu gestalten. Wenn wir uns von wohlformulierten Antworten blenden lassen, verlieren wir den Kontakt zum Inhalt – und damit die Chance, selbst zu sehen, zu urteilen und zu handeln. KI wird so zur „Black Box", die uns scheinbar fertige Lösungen liefert, statt uns zum eigenen Denken anzuregen.
Doch KI kann auch anders genutzt werden: als Werkzeug, das uns herausfordert, neue Perspektiven zu entdecken und unsere eigenen Ideen zu schärfen. Im Workshop etwa funktionierte das so: Das Thema war Gerechtigkeit. Die KI fragte nach einem Gegenstand in meiner Umgebung. Ich sagte: „Wasserflasche." Die KI antwortete: „Wasserflasche und Gerechtigkeit haben miteinander zu tun..." und entwickelte eine überraschende Assoziation. Dann nannte die KI einen Gegenstand, und ich war dran. Ein Ping-Pong aus Impuls und Verbindung, aus Zufall, Bedeutung und Kreativität – mal lieferte die Maschine den Anstoß, mal ich die Deutung.
Dabei wurde deutlich: KI ist nie neutral. Sie spiegelt die Daten und Machtverhältnisse wider, mit denen sie trainiert wurde. Wenn wir sie unkritisch nutzen, riskieren wir, bestehende Ungleichheiten zu reproduzieren. Im KönzgenHaus fragen wir daher: Wie können wir KI so einsetzen, dass sie nicht nur individuelle Kreativität fördert, sondern auch solidarisches Handeln und globale Perspektiven stärkt?
KI für Mündigkeit und globale Gerechtigkeit
Nele Hirsch bringt es auf den Punkt: „Eine intuitive KI-Nutzung, die große Sprachmodelle als Antwortmaschinen nutzt, lässt uns passiv konsumieren anstatt zu gestalten und programmiert uns mehr, als dass wir lernen. Anstatt
uns mit solch einem ‚Rundum-Sorglos‘-Paket zufrieden zu geben und damit weder in eine gestaltende Position kommen, noch das eigentliche Potential dieser Technologie auszuschöpfen, sollten wir uns der pädagogischen
Herausforderung einer kontra-intuitiven KI-Nutzung stellen. Wir ordnen große Sprachmodelle dann als Resonanzmaschinen ein, die uns herausfordern, unsere Perspektive erweitern und Impulse zum Weiterdenken liefern."
Im KönzgenHaus erproben wir KI als Werkzeug, das uns hilft,
- kritische Fragen zu stellen, die wir bisher noch nicht bedacht haben,
- Vielfalt zu denken und widersprüchliche Perspektiven auszuhalten,
- gemeinsam Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen zu entwickeln.
In unseren Seminaren setzen wir KI genau so ein: als Katalysator für eigenes Denken und nachhaltiges Handeln. Denn Bildung bedeutet für uns: Sehen – Urteilen – Handeln. KI kann uns dabei unterstützen, wenn wir sie bewusst und reflektiert nutzen.
Ihr Experiment: KI anders nutzen
Probieren Sie es selbst aus – in Ihrem Alltag, in Ihrer Bildungsarbeit oder im Austausch mit anderen!
- Lassen Sie sich überraschen: Bitten Sie die KI, Ihnen drei Fragen zu
Ihrem Thema zu stellen, die Sie noch nicht bedacht haben.
- Fordern Sie Vielfalt ein: Lassen Sie sich absichtlich widersprüchliche
Perspektiven geben – und nutzen Sie sie, um Ihre eigenen Standpunkte zu
reflektieren.
Der digitale Wandel als Chance
Die Entwicklung der KI bietet uns die Möglichkeit, Denken und Handeln neu zu gestalten – als Raum, in dem Technologie unsere Mündigkeit stärkt, statt sie zu ersetzen. Wie nutzen Sie KI? Welche Erfahrungen machen Sie? Probieren Sie es aus. Bleiben Sie kritisch. Bleiben Sie kreativ. Und vor allem: Lassen Sie sich ihr eigenes denken nicht abtrainieren
Digital Detox an Schulen

von Birgit Laubrock
Das Neueste von Insta, über WhatsApp schnell etwas mit den Freund*innen chatten und bei TikTok die neuesten Videoclips ansehen. Der Alltag vieler Kinder und Jugendlicher besteht aus der aktuellen Teilnahme an unterschiedlichen Social Media Apps. Wer über die neuesten Trends informiert sein möchte ist am besten ständig online, viele Stunden am Tag.
Wie kann denn dann die lange Schulzeit mit Start um 8.00 Uhr bis zum Nachmittag ausgehalten werden? Natürlich bleiben die Schüler*innen über die Nutzung von Smartphones und Smartwatches informiert. Die Nutzung während des Unterrichts ist von den meisten Schulen untersagt und in den Pausen wird das Info-Defizit nachgeholt.
So sind die Pausen eine willkommene Nutzungszone von digitalen Endgeräten und keine Erholungs- und analoge Kommunikationszeit mit Freunden.
Das Schulministerium gibt eine Handlungsempfehlung für Smartphones und Smartwatches für alle Schulen heraus, die diese bitte mit dem Medienkompetenzrahmen NRW in ihr Schulkonzept einarbeiten. Jede Schule erarbeitet so ein eigenes Medienkonzept. Das Fazit ist, dass Handys während der Schulzeit abgegeben werden und Smartwatches nur beschränkt erlaubt sind. Und nach der Schule geht es dann im Kinderzimmer digital weiter.
Da frage ich mich ernsthaft nach einem einheitlichen digitalen Handlungsfaden für Eltern mit ihren Kindern und Jugendlichen. Dabei gibt es gute Erfahrungen eines Medienkonzeptes für Schulen, das familienergänzend durchgeführt, sehr sinnvoll sein kann. Solingen hat es in diesem Schuljahr praktiziert. Alle Fünftklässler*innen in Solingen verzichten für einen verabredeten Zeitraum ab Beginn des Schuljahres auf ihr Smartphone und Social Media. Warum? Es geht um eine bewusste „Detox“-Erfahrung. Zeit mit dem Smartphone ist oft Zeit, die ein Kind der fünften Klasse benötigt, um Freundschaften und soziale, analoge Erfahrungen zu erleben, zu spielen, sich zu bewegen und mit anderen Menschen zu sprechen. Zudem sind Kinder in dem Alter von 10 Jahren oft nicht reif, Inhalte von Social Media zu verarbeiten und zu verstehen.
Das Solinger Schulprojekt startet mit Elternarbeit und partizipativen Prozessen zwischen Eltern, Schule und Kindern. Alle werden in einen Kompetenzprozess einbezogen, der mit Aufklärung, Schulung und Bildung über moderne Medien eine gute Basis schafft. Es wird mit den Schüler*innen verabredet, ab dem Eintritt in die fünfte Klasse kein Smartphone mit Social Media zu nutzen, die Eltern werden verabredet in die Pflicht genommen, diese Phase zu begleiten und die Kontrollinstanz zu sein. Die Schule startet mit dem fünften Schuljahr mit Medienbildung im Schulalltag, der von Medienscouts in der Schule begleitet wird. Die Schüler*innen starten ohne Medien in ihre ersten Schulwochen, dafür mit Begleitung, medienkompetenter Leitung und einem Hand-in-Hand-Arbeiten zwischen Schule und Elternhaus. Nach Ablauf der „Detox-Zeit“ wird medienkompetent der Umgang mit Smartphone & Co eingeführt.
Die Langzeiterfahrungen stehen noch aus. Für mich ist es aber ein erster Schritt zu einer guten Zukunft mit Smartphone und Social Media. Aufklärung, Stärkung und Kompetenz von Anwender*innen sind eine gute Basis für einen kind- und jugendgerechten Medienumgang. Die sichere Begleitung und Anleitung von Eltern schafft einen guten Handlungsspielraum für die jungen Kinder. Ein hoffnungsvoller Weg, der kompetente Nutzer*innen von Social Media bildet, für eine digitale, gut verantwortete Zukunft!
Passende Links dazu:
Handlungsempfehlungen für Smartphones und Smartwatches an Schulen (pdf)
Die MAV arbeitet digital(er) zusammenKlug und bedacht.

von Michael Ossege
Im KönzgenHaus stoßen wir in unseren Seminaren regelmäßig auf die Frage: Wie können MAVen digitale Werkzeuge sinnvoll nutzen, um die Zusammenarbeit im eigenen Gremium effektiver zu gestalten? Und: Wie kommen wir eigentlich dazu, die passenden Tools auch wirklich einzusetzen?
Viele Mitarbeitervertretungen berichten: Die Corona-Zeit war ein Schub für digitale Lösungen. Plötzlich wurde klar, wie hilfreich gemeinsame Online-Dokumente, Videokonferenzen oder Teamplattformen sein können. Die Rückmeldungen zeigen: Wer als MAV modern zusammenarbeitet, spart Zeit, kommuniziert klarer und kommt leichter zu tragfähigen Entscheidungen.
Aber: Nicht alles, was praktisch ist, ist auch datenschutzkonform oder fair gegenüber den Kolleginnen und Kollegen. Besonders bei vertraulichen Gesprächen und Abstimmungen braucht es technische Lösungen, die Sicherheit und Geheimhaltung garantieren. Dienste wie WhatsApp, Facebook, Instagram oder andere Dienste werden in Seminaren oft diskutiert, aber auch kritisch gesehen: Sie sind für MAV-Arbeit meist ungeeignet, bergen Risiken bei Datenschutz und Zugriff von außen und sollten für interne Themen besser vermieden werden. Nicht zuletzt, da sie meist in Nicht-EU Ländern gehostet bzw. entwickelt werden.
Als MAV habt ihr das Recht, vom Dienstgeber die Arbeitsmittel zu bekommen, die Ihr für eure Aufgaben braucht. Das gilt auch für moderne, digitale Tools! Diese Forderung ist nicht nur berechtigt, sondern auch sinnvoll: Denn zentral bereitgestellte Lösungen sind meist besser abgesichert und erfüllen die datenschutzrechtlichen Anforderungen in Euren Einrichtungen. Und nicht nur Ihr profitiert davon: Auch Euer Dienstgeber wird mit der MAV sicher gerne weitere Nutzungs- und Erfahrungsberichte einholen.
Unser Rat aus dem Seminar-Alltag:
- Holt euch Informationen: Welche Lösungen gibt es im Haus?
- Sprecht frühzeitig und offen mit dem Dienstgeber, IT und Datenschutzbeauftragten.
- Lasst euch nicht zu „Schatten-IT“ verleiten – also eigenen, nicht abgestimmten Tools. Das kann dem Datenschutz schaden und macht die MAV-Arbeit unnötig kompliziert.
- Klärt gemeinsam: Wer trägt die Kosten? In aller Regel sind digitale MAV-Arbeitsmittel Teil der Ausstattung, die der Dienstgeber bereitstellen muss. Besonnen und kooperativ vorgehen zahlt sich aus.
Mit einer partnerschaftlichen Haltung erreicht Ihr oft mehr: Transparenz und Sicherheit für die MAV, Vertrauen in der Einrichtung - und die Vorteile moderner Zusammenarbeit. Für die nächsten Schritte fragt Euch: Wo hakt es bei uns noch? Wen können wir gezielt ansprechen?
Im Zweifel gilt: Lieber einmal mehr abstimmen, als einfach allein loslaufen. Ihr habt das Recht – aber am meisten bringt es, wenn Ihr das gemeinsam klug nutzt!
Unsere nächsten Angebote zu unseren Seminaren, auch zu Themen der „Digitalen MAV“, findet Ihr über den KönzgenHaus Newsletter.
KI in der Bildung – Mit Haltung in die Zukunft

von Annette Seier
Künstliche Intelligenz verändert die Art, wie wir arbeiten, lernen und Wissen teilen. Auch in der Bildungsarbeit begegnet sie uns immer häufiger – in der Vorbereitung von Veranstaltungen, bei der Texterstellung oder in der methodischen Planung. Sie kann uns inspirieren, entlasten und neue Perspektiven eröffnen. Doch bei aller Faszination für das technisch Mögliche bleibt für uns klar: Bildung braucht Menschen, die Verantwortung übernehmen, kritisch denken und Haltung zeigen.
Im KönzgenHaus verstehen wir KI als Werkzeug – nicht als Ersatz für pädagogische oder fachliche Kompetenz. Die Entscheidung über Inhalte, Konzepte und Methoden liegt immer in menschlicher Hand. Wir setzen KI gezielt dort ein, wo sie unsere Arbeit unterstützt, und machen transparent, wenn sie beteiligt ist. Diese Offenheit schafft Vertrauen und fördert eine Kultur, in der digitale Technologien bewusst und reflektiert genutzt werden.
Gleichzeitig gehen wir achtsam mit Daten um. Wir wissen, dass jede Nutzung digitaler Tools Spuren hinterlässt, und achten auf Datenschutz, Urheberrecht und Datensparsamkeit. KI kann große Chancen bieten, birgt aber auch Risiken: Sie kann Fehler machen, einseitige Perspektiven reproduzieren oder Quellen vermischen. Deshalb prüfen wir alle generierten Inhalte kritisch, bevor sie Teil unserer Bildungsarbeit werden.
Unser Umgang mit KI orientiert sich an den Leitprinzipien der Weiterbildung – und an den Werten, die unser Haus prägen: Gerechtigkeit, Solidarität und Nachhaltigkeit. Wir vermenschlichen KI nicht, sondern betrachten sie als das, was sie ist: ein technisches Instrument, das verantwortungsvoll genutzt werden will.
Künstliche Intelligenz kann Bildung bereichern, wenn sie von Menschen mit Haltung gestaltet wird. Im KönzgenHaus möchten wir dazu beitragen, dass diese Technologie dem Menschen dient – nicht umgekehrt. So verbinden wir Innovation mit Verantwortung und machen deutlich: Zukunft gestalten wir gemeinsam – mit Kopf, Herz und Gewissen.
Hinweis: Dieser Text ist in Teilen im Dialog zwischen Mensch und Künstlicher Intelligenz entstanden – als Beispiel für einen verantwortungsvollen, transparenten Umgang mit neuen Werkzeugen in der Bildungsarbeit.